На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - читать онлайн книгу. Автор: Генрих Август Фон Фосслер cтр.№ 81

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Cтраница 81
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Seit dem 21. Juny war ich das erstemal wieder unter Dach. Bis dahin hatte ich die Nacht theils unter freyem Himmel, theils in Baracken von Stroh zugebracht. Oft lag ich auf der blosen Erde, wenn sich über mir der Himmel in Strömen ergoß, oft waren mir die Kleider am Leibe mehrere Tage nicht trocken geworden. Schon hatte sich in Folge der unvermeidlichen Unreinlichkeit hie und da Ungeziefer gezeigt. Von unserem Uebergang über den Niemen an war meine Nahrung schlecht gewesen. Schon in den ersten Tagen fehlte das Brod, die einzige Nahrung bestand aus Rindfleisch und elendem Kornbranntwein. Zuweilen glückte es mir, Brod zu erhalten, aber Mund und Schlund sträubten sich gegen dessen Genuß, weil das Korn nur halb zermahlen war, und die reichliche Beygabe von Roggenangeln Kauen und Schlucken anfänglich gefährlich, nachher wenigstens beschwerlich machte. In Folge der schlechten Lebensmittel und des häufig noch schlechtem, aus Cisternen geschöpften, faulen, doch eiskalten Wassers stellte sich zwischen Wilna und der Düna eine Diarrhöe bey mir ein, die mich dergestalt entkräftete, daß ich kaum ohne fremde Hülfe mein Pferd zu besteigen vermochte. Nach etwa 8. Tagen verlor sich zwar der Durchfall wieder, aber die entschwundenen Kräfte kehrten nur zum Theile zurück. Meine Pferde waren durch die starken Märsche bald kraftlos geworden, und der grün abgemähte Roggen hatte nicht hingereicht, den täglichen Aufwand an Kraft // S. 52// wieder zu ersetzen. So hatte ich denn schon lange vor der Schlacht von Mosaisk kein einziges meiner Pferde mehr, mit denen ich über den Niemen gegangen war. Ein russisches Cosakenpferd war mein Dienstpferd geworden, und Bedienter und Bagage wurden von russischen Bauernpferden getragen.

Achtes Capitel.

In dem Dorfe Elnia war ich in einem Hause zusammen mit 8. andern verwundeten Officieren. Unser Lager war der Boden, mit Stroh bestreut, das von den Dächern genommen war. An Lebensmitteln war Mangel für Kranke, für Verwundete passende fehlten, nur Brühe von schlechtem abgetriebenem Fleisch wurde gereicht, und etwas von diesem Fleische selbst, selten ein erträgliches Brod. Die Medicamente fehlten beinahe ganz. Meine Kopfwunde bannte mich durch die Betäubung, die sich nach den ersten 36. Stunden eingestellt hatte, ganzer 7. Tage auf das Lager. Meine Leidensgenossen, mehr oder minder schwer verwundet, erfüllten das Zimmer mit ihrem Gestöhne, und raubten mir bey Nacht den wenigen Schlaf, den ich in meiner Betäubung etwa noch gefunden hätte. Am 16. Sept[em]b[e]r wurde der Spital 1. Stunde weiter vom Schlachtfeld weg in das Edelmannshaus zu Selsokaraszin verlegt. Hier fanden wir alles geräumiger, die Kranken konnten abgesondert, den //S. 53// Verwundeten hellere, freundliche Zimmer eingeräumt werden. Ich, von meiner Betäubung befreyt, ward zu den leichter Verwundeten gezählt, und erhielt mit dem Lieutenant v[on] S... ein Zimmer, das ganz erträglich gewesen wäre, wenn es nicht zerbrochene Fenster gehabt hätte. Dieser Uebelstand aber brachte uns um die Ruhe der zweiten Hälfte der Nächte, und nur mit Mühe gelang es, uns der eindringenden Kälte zu erwehren. Den Tag brachten wir theils vor dem Ofen sizend und das Feuer unterhaltend, theils mit Besuchen anderer Verwundeten hin, die von ihren Wunden auf das Lager gefesselt waren. Manche heitere Stunde verbrachten wir bey dem Ober-Lieutenant v[on] H., der zwar einen Fuß, mit ihm aber nicht seinen Frohsinn und seinen leichten Muth verloren hatte. Oft verkürzte ich mir die Zeit mit Abfassung eines Tagebuchs, das ich indessen später bey Seite legte, noch öfter aber war mir mein Stubengenosse durch seine endlose Geschwätzigkeit zur Last. Die Verpflegung war im Ganzen sehr ärmlich, doch gelangten nach der Einnahme von Moskau bisweilen auch einige bessere Lebensmittel zu uns. Hier verblieben wir bis zum 5. October, als wir durch eine Parthie sogenannter Bauerncosacken in Allarm gesetzt wurden. Im ersten Augenblicke herrschte natürlich Verwirrung, doch stellte sich die Ordnung bald wieder her, und jeder bewaffnete sich // S. 54// gegen den Angriff so gut es ihm seine Wunde erlaubte. Der

Lärm hatte jedoch keine weiteren Folgen. Indessen wurde für gut gefunden, das Schloß zu räumen, um unsern frühem Spital wieder zu beziehen. Da aber die Unterkunft gar zu enge und armselig, und namentlich größere Verbreitung des Spital-(Nerven-)Fiebers zu besorgen war, so konnte unseres Bleibens hier nicht seyn. Die Nachricht, daß jenseits des Schlachtfeldes in der Entfernung von 1 1/2. Stunden ein bis dahin von unserm Cheveauxlegers-Depot besetztes, nun aber verlassenes, gutgebautes Dorf liege, veranlaßte den Spital-Commandanten, dasselbe besichtigen zu lassen. Mir, als dem Rüstigsten der Reconvalescenten, ward hiezu der Auftrag. In Begleitung eines Chevauxlegers verließ ich frühe Morgens den 6.ten den Spital. Bald erreichte ich das Schlachtfeld, zuerst einzelne Leichen, darauf ganze Haufen. Kaum fand mein Pferd Raumes genug für seine Tritte, oft mußte ich über die Leichname wegreiten. Die nächste Anhöhe war die Redoute, welche den linken Flügel der Russen deckte. Manches Leben war hier verloren worden, bis der Kampf über ihren Besitz entschieden war. Ohne Aufenthalt setzte ich meinen Weg zwischen den Todten fort. Immer grausiger wurde der Anblick. Bald gelangte ich zur Schanze, die ungefähr im Mittelpuncte des Schlachtfeldes gelegen war. Dichter und immer dichter // S. 55// lagen die Gefallenen, und aufgethürmt lagen sie um die so oft genommene und wieder genommene Position. Die Gräben waren vollständig mit Menschen ausgefüllt. Hier hatte die württembergische Infanterie den härtesten Strauß zu bestehen gehabt, und hier traf ich hunderte von Leichen in württembergischen Uniformen. Die Höhe dieser Schanze gewährte den Ueberblick über den grösten Theil des Schlachtfeldes. Furchtbar hatte Schwerdt und Geschoß gewüthet. Menschen und Thiere waren auf alle erdenkliche Art verwundet und verstümmelt, noch waren in den Gesichtern der gefallenen Franzosen die verschiedenen Leidenschaften zu erkennen, in denen sie der Tod überrascht hatte, Muth, Kühnheit, Kälte, gräßlicher Schmerz, bey den Russen höchste Erbitterung, Gefühllosigkeit, Stumpfheit. Treflich war die Position der Russen gewesen, und nur der grösten Anstrengung der Franzosen und ihrer Allirten konnte es gelingen, den tapfern Feind aus so vortheilhafter Stellung zu vertreiben. Die zahllose Menge der Leichen gab aber auch zur Genüge kund, daß hier ein ernstes Spiel gespielt worden war, und daß hier der Tod eine unermeßliche Erndte gehabt hatte. Lange hielt der grauenvolle Anblick mich gefesselt, und tief prägte sich mir die furchtbare Scene ein. Noch im spätesten Alter werde ich ihrer nur mit Schaudern gedenken. Schaudernd vor dem gräßlichen Schauspiel wendete ich meinen Blick ab, und er fiel auf ein hölzernes Kreutz in // S. 56// der Mitte der Schanze, das ich zuerst übersehen hatte. Ich näherte mich ihm, und las folgende Inschrift:

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