На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - читать онлайн книгу. Автор: Генрих Август Фон Фосслер cтр.№ 78

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Cтраница 78
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Wenn man nun die starken Tagemärsche, deren es in dieser Zeit viele gab, in Erwägung zieht, hiebey die fürchterlichen Plazregen in steter Abwechslung mit der drückenden Sonnenhitze, und die tief sandigten, löcherichten und morastigen Wege und steilen Defileen ebenfalls nicht vergißt, und ferner bedenkt, daß, wie schon oben gesagt, der mit so vieler Mühe und unter so manchen Mißhandlungen erworbene Vorrath an Lebensmitteln am Niemen eine Beute der französischen Commissärs ward, und manchen Regimentern nicht auf 3. Tage Vorrath blieb, und daß auch dieser bey der allgemeinen Verheerung von Seiten der Russen nirgends mehr ergänzt werden konnte, und daß nun die ganze Nahrung wohl bey 4/5. der Armee aus Fleisch von schlechtem, abgetriebenem Rindvieh, wovon jedes Regiment wenigstens Eine Heerde nachführte, und das Getränk nicht etwa aus geringem Branntwein, oder wenigstens gutem Wasser, sondern aus stinkendem

Cisternen- und faulem Wasser bestand, wenn man dieß alles bedenkt, so wird es keine Verwunderung erregen, daß schon 2. bis 3. Tage nach dem Uebergange über den Niemen mancherley Krankheiten, namentlich bey den Fußgängern ausbrachen, und etliche Tage später sich auch bey den Reutern äusserten. Diese Krankheiten bestanden hauptsächlich in Diarrhöe und Wechsel- und Nervenfiebern. Zu Vergrösserung aller dieser Unfälle diente vorzüglich // S. 37// auch der Mangel an Futter für die Reut- und Zug-Pferde, welche früher an das beste Futter gewöhnt, nun mit grün abgemähten Früchten sich begnügen, dabey jeder Witterung trozen, und die äussersten Strapatzen ausdauern sollten.

Schon vor Wilna waren hunderte vor Mattigkeit gefallen, und als die Armee die Ufer der Düna erreicht hatte, waren es tausende von Pferden weniger. Alle diese Umstände, so wie sie zur Schwächung des Heeres dienten, führten als natürliche Folge auch eine Zügellosigkeit herbey, welche mit dem schnellem oder langsamem Fortschreiten zur gänzlichen Auflösung der einzelnen Heeres-Abtheilungen immer gleichen Schritt hielt. Unaufhaltsam gieng die ganze Armee ihrem Verderben entgegen, aber allgemein war der Glaube und die Hoffnung, die Eroberung der Hauptstadt Moskau oder Petersburg müsse den Frieden bringen, und die Uebriggebliebenen vom Untergange retten. In diesem Zustande, mit diesen Hoffnungen, aber an Mannschaft um 1/15. schwächer war die grose Armee den 22. July bey Diesna und in der Umgegend an der Düna versammelt. —

Mit gespannter Erwartung war ich an dem Niemen angekommen. Der Eintritt in Feindesland erregte bey mir trübe Ahnungen. Hunderttausende waren wohl unsere Kampfgenossen, Männer in der schönsten Blüte des Alters. Jauchzend überschritten sie den verhängnißvollen Fluß. Eine düstere Stille empfieng // S. 38// sie am feindlichen Ufer. Ueberall dunkle Waldungen, selten eine verlassene Wohnung, noch seltener verödete Dörfer, nirgends ein Bewohner des Landes. Das Schicksal dieser Hunderttausende, deren ich Einer war, fiel mir schwer auf's Herz. —

Bey dem Uebergang über den Niemen hatte ich die Ehre, als Ordonanz-Officier zum General Montbrun commandirt zu werden, eine Ehre, die ich bey dem Mangel an Fertigkeit in der französischen Sprache gerne abgelehnt hätte. Indessen dauerte dieser Auftrag nicht länger als 3. Tage. Wenn ich bey Tage im Gefolge des Generals, oder mit Befehlen verschickt, meine Pferde und mich müde geritten hatte, so ward mir gleichwohl bey Nacht keine Ruhe zu Theil. Die erste Nacht brachte ich unter heftigen Regengüssen an einem erlöschenden Feuer zu, wo ich, ohne Lebensmittel, den Egoismus der Franzosen, denen es nicht daran fehlte, die aber nicht gerne mittheilten, verwünschte, und in der andern Nacht ward ich zum König von Neapel verschickt, wo ich mich wenigstens eines guten Mahles zu erfreuen hatte.

Am 26. kam ich wieder bey dem Regiment an, allein schon am 29. traf mich die Reihe, die Bagage zu führen. Das Corps rückte schnell vorwärts, ich mit schweren Wägen , abgetriebenen Pferden, unter unaufhörlichem Regen langsam nach. In vielen Defileen blieben Wägen und Pferde stecken, verrammelten den Weg, verhinderten das Nachrücken der folgenden, und so // S. 39// gelang es mir weder an diesem Tage, noch an den 3. folgenden, mein Regiment wieder zu erreichen, und erst am 4. Juli Abends, nach unzähligen Mühseligkeiten, die bey dem Commandanten nur theilweise Anerkennung fanden, traf ich wieder beym Regiment ein, und hatte von Glück zu sagen, daß ich nicht mehr als 1/3. der Lebensmittel und Bagagewägen aus Mangel an Bespannung zurücklassen mußte. In Wilna konnte und durfte ich mich mit meinen Wägen nicht aufhalten, auch hätte ich davon durchaus keinen Nutzen gehabt, weil auch nicht um Geld Lebensbedürfnisse von den erschrekten Einwohnern zu bekommen waren. Wilna ist eine schöne grose Stadt. — Am Tage nach meiner Wiederankunft bey dem Regiment wohnte ich dem Gefechte bey Daugelisky bey. Tags darauf stand ich auf Piquet. Am 8. July machte ich mit Rittmeister v[on] Reinhardt eine grose Recognoscirung bis Obsa. Mehrere Tage lang hatte ich an einer heftigen Diarrhöe, die ich in Folge des faulen Sumpfwassers und des abgetriebenen Fleisches erhalten hatte, bedeutend gelitten.

Sechstes Capitel.

Am 22. July erfolgte bey Diesna der Uebergang eines Cavalleriecorps, worunter mein Regiment, über die Düna. Mehrere Versuche, Brücken zu schlagen, hatte der reissende Fluß und // S. 40// sein Felsenbett vereitelt. Wir schwammen colonnenweise über den Strom, aber mancher Reiter und noch mehr Pferde verloren im Wasser ihr Leben. Wir schlugen die Straße nach Pollotzk ein, erreichten Tags darauf diese Stadt, ohne auf ein bedeutendes feindliches Corps zu stossen, und erst am 24. Abends, als wir gegen Witepsk vorrückten, zeigten sich feindliche Colonnen, die aber schnell zurückwichen. Am 25. gab es ebenfalls nur unbedeutende Plänkeleyen, am 26. jedoch hielten die Russen festen Stand, und der Weg nach Witepsk öffnete sich nur nach einem nicht unblutigen Gefechte. Auf dem andern Ufer der Düna hatte am 26. und 27. die Schlacht bey Witepsk statt, worin die Russen grose Massen und viele Tapferkeit entwickelten. Den 28. July marschirten wir wieder 2. Stunden an der Düna abwärts, durchschwammen diesen Fluß, giengen über das Schlachtfeld bey Witepsk, sezten schwimmend über den Obol, und kamen durch die Stadt Witepsk. Ohne Aufenthalt rückten wir auf der kleinen Straße gegen Smolensk vor, und erreichten am 29. Liosna. Nach einem Ruhetage giengen wir mit der Division Sebastiani bis Rudnia vor, und am 1. August bis Inkowo. Eine am 3. vorgenommene Recognoscirung bestimmte den General bis zum 6. dort stehen zu bleiben, wo der Feind wieder heranrückte, und der General angemessen fand, sich 1. Stunde weit bis Lendzi zurückzuziehen, und eine vorteilhafte Stellung zu nehmen. Allein schon Tags darauf zeigten sich die Russen in noch gröseren Massen, und am 8. August // S. 41// fielen sie mit bedeutender Uebermacht über die 7. Regimenter starke Division her, und zwangen sie nach einem heftigen Gefecht, in dem unser Regiments-Commandant Graf v[on] Waldburg und der Regiments-Adjutant v[on] Batz verwundet und gefangen wurden, zum Rückzug auf das Hauptcorps des Generals Montbrun bey Rudnia. Hier blieben wir, vielfach vom Feinde geneckt, aber nie angegriffen bis zum 13. Aug[ust] stehen. Während wir auf dieser Seite die Armee deckten, hatten sich nach und nach die verschiedenen Corps in und bey Witepsk gesammelt. Mehrere Ruhetage sollten die Truppen in den Stand setzen, mit erneuerten Kräften dem Feinde entgegen gehen zu können. Wenn auch die Lebensmittel spärlich vorhanden waren, so trugen doch die Ruhe und die gute Witterung zur Erholung der Truppen etwas bey.

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