На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - читать онлайн книгу. Автор: Генрих Август Фон Фосслер cтр.№ 97

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Cтраница 97
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Das Land von der schlesischen Grenze bis zum Niemen ist mehr oder weniger eben, nirgends bergigt, es hat meistens Sand- oder doch leichten Boden, in einigen Gegenden, wie bey Pultusk, sehr // S. 138// viele und grose Waldungen. Der Ackerbau ist beinahe die einzige Nahrungsquelle der Bewohner, die Viehzucht ist nicht von Bedeutung, eben so wenig die Pferdezucht. Fabriken und Manufacturen sind nirgends zu treffen, der Handel ist auf die wenigen Landes-Producte beschränkt. Die meisten Handwerke werden von Juden getrieben, wie diese auch beinahe die einzigen Wirthe sind.

Die Dörfer sind schlecht, und ihre Einwohner arm und elend, wie ich schon früher bemerkt habe. Dagegen sind die Städte besser, und einge, wie Kalish, Plock und Lomza, wohl den besseren Städten OstPreussens an die Seite zu stellen. Bialystok ist ein recht angenehmes Städtchen, aber auch diese Stadt, wie die vorhergenannten, verdankt sein besseres Aussehen der Zeit der preussischen Regierung.184

Viertes Capitel.

In Grodno kam ich krank an. Seit 14. Tagen litt ich an einer Augenentzündung, die mir die heisse Witterung, noch mehr aber der Flugsand zugezogen hatte, und die mir das Augenlicht zu rauben drohte. Ein Arzt, den ich darüber consultirte, gab mir den Rath, den Civilgouverneur, Etatsrath Leschern, zu bitten, mir bis zu meiner Wiederherstellung den Aufenthalt in Grodno zu gestatten, und er selbst begleitete mich // S. 139// dahin, um meine Bitte zu unterstützen; dieses hatte denn auch wirklich den gewünschten Erfolg. Als ich das Haus des Gouverneurs verlies, stieß ich auf einen russischen Beamten, der in norddeutschem Dialect sich nach meiner Lage erkundigte, mich sofort in seine Wohnung zum Mittagessen mitnahm, und die Eifersucht der Russen nicht scheuend, mich für die Zeit meines hiesigen Aufenthalts zum Mittagstisch zu sich einlud. Dankbar nahm ich es an. Der edelmüthige Mann hieß Bagemühl, war aus Preussen gebürtig, und beym Gouvernement als Architect angestellt. Meine Wohnung erhielt ich bey einem deutschen Schreiner, in einem reinlichen, hellen Zimmer. Die geordnete Lebensart in Grodno wirkte nicht nur auf mein Augenübel, das der sächsische OberChirurgus Richter behandelte, vortheilhaft, sondern auf meinen ganzen Körper. Aber auch in gesellschaftlicher Hinsicht gewährte mir mein Aufenthalt daselbst Annehmlichkeiten. Ich brachte manche Stunde sehr froh bey Bagemühl zu, wenn gleich zuweilen seine EheDissidien die Unterhaltung störten. Er machte mich mit dem alten Major v[on] Roth, einem gebornen Zweybrücker, bekannt, der mich gerne bey sich sah, und mir viele Artigkeit erwies. Mit mehreren gefangenen Officieren, namentlich dem schon erwähnten Lieutenant Pechin, der ebenfalls für einige Zeit in Grodno bleiben durfte, und dem Lieutenant Boecker von der jungen Lanciersgarde Napoleons , stand ich auf freundschaftlichem Fuße. Der württembergische Cabinets- // S. 140// Courier Lang war schon in Bialystok zu unserer Gesellschaft gestossen. Mehrere sächsische Aerzte kamen öfters mit uns zusammen. Am 26. July ward die Gesellschaft vermehrt durch 2. Württemberger, den Kriegs-Commissär Krais und den Lieutenant v[on] Bagnato, die beide in Schlesien in Kriegsgefangenschaft gerathen waren.

Grodno ist der Sitz eines Civilgouverneurs. Die Stadt ist beträchtlich, und hat manche gutgebaute Häuser und Strassen; die christlichen Einwohner bestehen gröstentheils aus Pohlen, die Zahl der Russen ist gering,

Deutsche findet man viele. Das Benehmen der letzteren gegen uns war kalt und zurückstossend, und den Russen wichen wir möglichst aus, dagegen bezeugten uns die Pohlen wenigstens einige Theilnahme. Die Juden leben hier, wie überall, nur ihrem Gotte, dem Geld. Die Lage von Grodno ist schön, aber nicht ausgezeichnet, der Fluß, an dem die Stadt liegt, ist schiffbar, und bringt Leben und Thätigkeit unter die Bewohner.

Um die Mitte des Monats August, als meine Augen noch nicht völlig hergestellt waren, begieng ich die Unvorsichtigkeit, den Collegienrath Riesenkopf, der die Gefangenen ausbezahlte, um ein besseres Quartier zu ersuchen. Er aber schlug mir meine Bitte nicht nur rund ab, sondern gab mir obendrein die trostlose Versicherung, daß er nicht ermangeln werde, // S. 141// mich mit dem ersten Transport, der von Grodno abgehe, weiter zu schicken. Meine Vorstellungen dagegen blieben bey dem Gouverneur ebenso fruchtlos, als die Verwendung einer angesehenen Dame, und so ward ich dann einem Transporte zugesellt, der am 19. August nach Minsk abgieng.

Mit schwerem Herzen nahm ich von Bagemühl's, von dem Major v[on] Roth, und meinen übrigen Bekannten in Grodno Abschied. Ihre besten Wünsche begleiteten mich.

Mehrere meiner Bekannten, wie der Herzog v[on] Mirelli, die Lieutenants Boecker, Pechin, Hartemenk, Kemerlink, der Cabinets-Courier Lang, waren mit einem früheren Transporte abgegangen. Meine Reisegefährten waren Krais und Bagnato, so wie der schon mehrmals erwähnte Laudon, und ein französischer Bedienter, der sich für einen Aide-de-Camp des Fürsten Poniatowsky ausgab, und sich Normann nannte, ein schlechter, boshafter, abgefeimter Kerl. Die Zahl der Unterofficiere und Soldaten betrug zwischen 200. und 250. Unsere Escorte bestand aus 1. Infanterie-Lieutenant mit 18. Mann vom 4.ten Infanterie-Regiment, und 30. Mann Pultawaischer187 Bauernkosaken.

Der Marsch ging über Skydel, Kamienka, Zoludek, Beliza, NowoGrodek, Mir, und Koydonowo, und am 7. Sept[ember] langten wir in einem Dorfe bey Minsk an, nachdem wir einen Weg von 84. Stunden // S. 142// zurückgelegt hatten. Unser TransportCommandant hatte unsere Lage nicht sowohl durch üblen Willen oder Bosheit, als vielmehr durch grobe Nachläsigkeit während des Marsches sehr erschwert. Er war täglich betrunken, und verlor dadurch alle Achtung seiner Untergebenen, oft sah er seine Befehle schlecht, oft gar nicht befolgt, und die armen Gefangenen waren zu Zeiten, wo er seiner Sinne nicht mehr mächtig war, mehr oder minder schlechter Behandlung theils von Seiten einiger seiner Leute, theils von Seiten der Landesbewohner oder Quartiersträger ausgesezt. Auf dem ganzen Marsche waren wir meistens in jüdischen Wirthshäusern, und nur ein paarmale bey Bauern, nie bey Edelleuten einquartirt worden. Dach und Fach hatten wir überall frey, dagegen mußten wir Essen und Trinken, zuweilen um hohe Preise, erkaufen, und etlichemale würden uns die Einwohner selbst gegen Bezahlung keine Lebensmittel abgelassen haben, wenn unser Transport-Commandant sich nicht ins Mittel geschlagen hätte. Unter diesen Umständen war es kein Wunder, daß wir nicht allein vom Gelde entblöst, sondern auch halb verhungert bey Minsk eintrafen. Die Einwohner der Orte, durch die wir zogen, waren überall gleichgültig gegen unsere Leiden, selbst hart gegen uns, und nur Einen Einwohner fanden wir, der nicht nur Menschlichkeit, sondern Gefühl gegen uns zeigte.

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