На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера - читать онлайн книгу. Автор: Генрих Август Фон Фосслер cтр.№ 96

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Онлайн книга - На войне под наполеоновским орлом. Дневник (1812-1814) и мемуары (1828-1829) вюртембергского обер-лейтенанта Генриха фон Фосслера | Автор книги - Генрих Август Фон Фосслер

Cтраница 96
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In der Zeit vom 28. May bis 12. Juli hatten wir manche gute, aber auch viele böse Tage gehabt. Weithin im Herzogthum Warschau zogen wir täglich durch russische Truppen-Detaschements, die dem Heere nacheilten, und uns ihren Groll fühlen ließen, und als wir diese Fährlichkeiten überstanden hatten, so hatten wir mit dem Hasse der russischen Besatzungen, deren wir grösere oder kleinere in jedem polnischen Städtchen trafen, zu kämpfen. Schon im ersten Nachtquartier ereignete sich ein Auftritt, der uns vor unserer Zukunft schaudern machte. Der russische Oberste Krukenikow, der hier im Quartier lag, und sich anfangs artig gegen uns benommen hatte, näherte sich der Eingangsthüre vor der Scheuer, in welcher die gefangenen Soldaten bewacht wurden, und rief in gutem Französisch einige Franzosen hervor. Bereitwillig traten sogleich zwey an die Thüre, aber kaum waren sie da angekommen, und hatten höflich nach seinem Begehren gefragt, so hieb er unter den gräßlichsten Verwünschungen mit scharfer Klinge auf sie ein, und würde sie unfehlbar ermordet haben, wenn sich die wachhabenden Baschkiren, // S. 134// und unser Kosaken-Lieutenant, der sich zum Glück in der Nähe befand, nicht ins Mittel geschlagen hätten. Die Russen selbst, die herbey gekommen waren, zeigten sich höchlich empört über diese That, und sie und unser Kosakenofficier erschöpften sich in Betheurungen ihrer Mißbilligung dieses Vorfalls, und suchten uns auf alle Weise zu beruhigen. Bey dieser That ließ es aber der wüthende Barbar nicht bewenden, sondern er verfolgte unsern Transport, da er wegen Anfällen von Verrücktheit vom Heere entfernt wurde, und den gleichen Weg mit uns zog, einige Tage lang, mißhandelte180 in Ostrow durch Faustschläge und Säbelhiebe den sogenannten Herrn Laudon, verfolgte mehrere von uns mit gezücktem Säbel in den Straßen der Stadt, und erst in Kalisch wurden wir auf unsere und unsers Kosaken-Lieutenants Klage von seinen Nachstellungen dadurch befreyt, daß er für einige Tage Arrest erhielt. Auch sonst hatten wir der Beispiele noch mehrere von dem tiefen Hasse der russischen Militärs gegen uns, aber nirgends äusserte er sich auf eine so grelle Art.

Das Benehmen der Pohlen gegen uns war ganz verschieden von dem der Schlesier. Bey jenen fanden wir überall die artigste zuvorkommendste Aufnahme, jeder bedauerte die gegenwärtige Lage der politischen Verhältnisse, und keiner war, der nicht offen als seinen sehnlichsten Wunsch ausgesprochen hätte, die Wiederherstellung der Herrschaft der Franzosen in Polen. Von den Russen waren dergleichen Aeusserungen allerdings schwer verpönt, allein sie // S. 135// konnten uns doch nicht jeden Umgang mit den Einwohnern verbieten, und diese hüteten sich wohl, ihres Herzens innerste

Geheimniße vor ihren Feinden zu enthüllen. In den Dörfern waren wir gewöhnlich beym Edelmann einquartiert, und erhielten alles, was Küche und Keller vermochten, und ausserdem ward den gefangenen Soldaten an Lebensmitteln so viel als möglich zugesteckt. Weniger gut gieng es uns in den Städten, doch auch hier fanden sich meistens Einwohner, Edelleute, Beamte, Bürger, die unser Loos zu erleichtern suchten, und nicht selten uns in Wirthshäusern auf ihre Kosten artig und frugal bewirtheten. Die guten Pohlen ließen es aber hiebey nicht bewenden. Zwar machten sie uns keine Anerbietungen von Geld-Unterstützungen, weil sie wohl wußten, daß wir dergleichen nicht angenommen haben würden, dagegen halfen sie unserem und der Soldaten Mangel an Bekleidung und Weißzeug zuvorkommend ab. Schon im ersten polnischen Orte, in Faliszewo, wo wir Rasttag hielten, ward mir von einer Tochter des Herrn v[on] Grumkewicz ein Hemd verfertigt. In Plock181 erbot sich sogar ein junges Frauenzimmer von guter Familie, dem Lieutenant Pechin zur Flucht behülflich zu seyn, und an seiner Statt in die Gefangenschaft zu gehen, natürlicherweise wies aber Pechin diesen Vorschlag gerührt zurück. Mehreremale wurden wir auf dem Marsche durch Dörfer von Edelleuten, einmal auch von einer Edeldame angehalten, um Erfrischungen bey ihnen einzunehmen, die uns für den ganzen Tag jede weitere Nahrung // S. 136// entbehrlich machten. Weniger willkommen waren wir den jüdischen Wirthen. Nicht nur hatten wir bey ihnen Alles, Dach und Fach182 ausgenommen, zu bezahlen, sondern sie verhehlten auch nicht, wie ungerne sie uns ungeachtet der Bezahlung bey ihnen sahen. Manche äusserten grose Furcht vor der Rückkehr der Franzosen, und mochten dazu ihre guten Gründe haben, doch gab es auch anders Gesinnte, die keine solche Besorgnisse blicken Hessen, und aus Menschlichkeit Gutes übten. Das allgemeine Uebel in Pohlen, die Unreinlichkeit, ward uns weniger zur Last, als früher, einestheils weil wir daran kein so groses Aergerniß mehr nahmen, und anderntheils, weil wir das Glück hatten, meistens in besseren Häusern unser Obdach zu finden. Indessen sah ich auch dießmal wieder, wie das Jahr vorher, an der Weichsel die eckelhafte Krankheit, die unter dem Namen des Weichselzopfs bekannt ist. Die Kopfhaare kleben zusammen, und dürfen in diesem Zustande weder gekämmt, noch abgeschnitten werden, indem lezteres unvermeidlich eine Abzehrung zur Folge hat. Der Kranke ist kraftlos und von bleicher schmeerartiger Gesichtsfarbe, mancher wird im Verlauf der Jahre, wenn die kranken Haare ausfallen, wieder hergestellt, manche andere befreit erst der Tod von ihrem Uebel. Bey den Pohlen ist diese Krankheit weniger häufig, als bey den Juden, und die Ursachen mögen; neben örtlichen Einflüssen, besonders in der ausserordentlichen Unreinlichkeit liegen.

Unser Verkehr mit den Edelleuten ward gewöhnlich in französischer // S. 137// oder deutscher Sprache geführt, wo aber, was jedoch selten war, der Edelmann keine von beiden Sprachen verstand, so half manchmal die lateinische aus, im Nothfalle aber waren immer Juden zur Hand, die neben der Landessprache, sämmtlich ein sehr verdorbenes Deutsch sprechen, und dieß ihre Sprache nennen.

Von dem Tage an, als wir das Herzogthum Warschau betraten, erhielt jeder Officier alle 5. Tage einen halben preussischen Thaler (50 Groschen) pro Tag zu seiner Subsistenz, und dieses wenige reichte in einem Lande, wo wir beinahe aller Orten freye Verpflegung fanden, zu Bestreitung unserer Bedürfnisse nicht nur hin, sondern machte es uns möglich, für schlimmere Zeiten ein kleines Capital zu sammeln. Diese Vorsicht kam uns bald wohl zu statten, denn beym Eintritt in Russisch Polen ward uns verkündet, daß wir fortan auf russiche Löhnung gesetzt seyen, und täglich einen halben Rubel in Papier, d[as] h[eißt] nach unserem Gelde 14. Kreutzer empfangen werden. Ein härterer Schlag hätte uns nicht treffen können, doch versicherten die sächsischen Officiere in Bialystok, daß wir damit im Innern Rußlands wohl ausreichen können, und auf dem Marsche dahin gewiß zuweilen Quartiere finden werden, in denen wir die Verpflegung entweder frey, oder doch in sehr billigen Preisen erhalten würden.

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